1. Dienstherrenfähigkeit – was ist das?
Als Dienstherrenfähigkeit wird die Fähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts bezeichnet, Beamte zu haben. Nach § 121 Nr. 1 BRRG besitzen Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände die Dienstherrenfähigkeit. Sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts kann die Dienstherrenfähigkeit nach § 121 Nr. 2 BRRG verliehen werden. Rechte und Pflichten aus dem Beamtenverhältnis bestehen zwischen dem Dienstherren und der Beamtin bzw. dem Beamten. Mit der Übertragung der Dienstherrenfähigkeit wird zumeist eine arbeitsvertraglich relevante Verselbstständigung eines Teil der öffentlichen Verwaltung einhergehen. Arbeitgeber ist dann die gebildete Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts, nicht mehr das Land, der Bund oder eine Kommune.
2. Ist die Diskussion über die Übertragung der Dienstherrenfähigkeit neu?
Ein Blick in die jüngere Geschichte des Freistaates Sachsen zeigt, dass die Diskussion regelmäßig geführt wird. Nach der Sächsischen Akademie der Wissenschaften (1994) wurden die Universitätsklinika in Dresden und Leipzig (1999) verselbstständigt. Mit der Überführung in eine neue Rechtsform war die Übertragung der Dienstherrenfähigkeit und zugleich Stellung als Arbeitgeber verbunden. Eigenständige Arbeitgeber sind die rechtlich selbstständigen Forschungseinrichtungen sowie die an den Hochschulen anzutreffenden Vereine oder An-Institute. Auch außerhalb des Hochschulbereiches werden vergleichbare Überlegungen angestellt (z.B. Staatliche Burgen und Schlösser). Außerhalb des Freistaates haben gesetzliche Regelungen in Niedersachsen (Stiftungshochschulen) oder Nordrhein-Westfalen (Hochschulfreiheitsgesetz) Schlagzeilen gemacht. In Berlin und im Saarland existiert die Dienstherrenfähigkeit seit vielen Jahren.
3. Welche Folgen hat die Dienstherrenfähigkeit?
Für Beamtinnen und Beamte ergibt sich aus dem Gesetz, in wessen Dienst sie stehen. Rechte und Pflichten werden weiterhin durch Gesetz geregelt. Faktisch hängen Spielräume damit von der Novellierung des Landesbeamtengesetzes und des Laufbahnrechts ab. Besondere Auswirkungen hat die Dienstherrenfähigkeit für die Altersversorgung, denn der neue Dienstherr hat vorzusorgen. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat die rechtliche Verselbstständigung hingegen sofort Auswirkungen. Der neue Arbeitgeber ist nicht tarifgebunden. Alle üblichen Tarifverträge sind damit nicht unmittelbar anwendbar. Neue Beschäftigungsverhältnisse können daher nach Maßgabe einer einseitigen Arbeitgeberrichtlinie begründet werden. Für bestehende Beschäftigungsverhältnisse gilt – in der Regel - ein statischer Besitzstand. Dieser entfällt, wenn wegen der Befristung von Arbeitsverträgen ein Folgevertrag geschlossen wird. Auch die Alters
4. Kann der Gesetzgeber die Folgen der Verselbstständigung abweichend regeln?
Durch unterschiedliche Konstruktionen haben die Länder in der Vergangenheit versucht, die Folgen der rechtlichen Verselbstständigung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu gestalten. Die Berliner Kuratorialhochschulen waren Mitglied eines Arbeitgeberverbandes. Das Niedersächsische Hochschulgesetz verpflichtete zur Tarifübernahme. In Nordrhein-Westfalen ist die Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband und temporär eine Tarifbindung vorgesehen. Im Wesentlichen war damit gewährleistet, dass sich die Arbeitsbedingungen nicht von den beim jeweiligen Bundesland geltenden Bedingungen unterschieden. Hingegen hatte der Sächsische Landtag die neuen Arbeitgeber mit dem Sächsischen Universitätsmedizingesetz nicht verpflichtet, einem Arbeitgeberverband beizutreten oder einen dem TV-Länder vergleichbaren Tarifvertrag anzuwenden oder abzuschließen. Die grundsätzlich denkbare Variante, Mindestbeschäftigungsbedingungen auf Niveau des TV-Länder unbefristet festzulegen, wurde ebenso wenig realisiert.
5. Nutzen-Aufwand-Analyse gefragt
Betrachtet man die bundesweit anzutreffenden Regelungen und die bisherigen Erfahrungen im Freistaat Sachsen gilt es primär zu prüfen, welchen Nutzen die Übertragung der Dienstherrenfähigkeit bei welchem Aufwand haben soll. Die Dienstherrenfähigkeit kann nicht isoliert betrachtet werden. Letztlich geht es um eine rechtliche Verselbstständigung, bei der die demokratische Kontrolle durch das Parlament, die Auflagenerfüllung aber auch andere Behörden des Freistaates (Landesamt für Finanzen) betroffen sind.